Poetree

 Poetree

Das englische Wort Poetry (Dichtung) hat mich zu diesem Projekt inspiriert. Wenn man es ausspricht, klingt darin auch das Wort Tree (Baum) mit. Im Garten hatte ich einen kleinen abgestorbenen Obstbaum - mit dem machte ich den Anfang. Ich stellte ihn auf,
gab einen kleinen Korb mit Karten, Stiften und Bindfäden dazu, malte ein Schild und wartete auf Besucher.
Die Besucher ließen nicht lange auf sich warten. Sie setzten sich auf die Bank, schrieben Wünsche, Gedanken und Gedichte auf
und hängten sie an den Baum. Seit 2010 steht er nun in Siebeneichen in der Kanalstraße neben der Sitzbank.

Es gab in den vergangenen Jahren bewegende Karten, auf denen Menschen hoffnungsvoll um Kraft baten, um Vergebung und Frieden. Es gab Karten, auf denen Kinder sich Mama und Papa wieder zusammen wünschten. Natürlich hängen auch Liebesbotschaften und Quatschgedichte am Baum, einiges sogar in anderen Sprachen. Manch einer kommt nur zum Lesen oder auch um die Stifte zu mopsen. Vielleicht kommt ja auch mal jemand und legt neue Stifte hinein? So richtig gute wasserfeste, lichtechte Filzstifte?
Die Karten schneide ich aus einem Kunststoff in verschiedene Formen. Wenn die Schrift auf einer Karte von Wind und Wetter verwaschen wurde, reinige ich sie und lege sie wieder in den Korb - für neue Dichter und Träumer, für Suchende und Finder.
Die Karten werden nicht dokumentiert, gesammelt oder verarbeitet. Der Baum ist für alle da, um die Gedanken aus dem Herzen, aus dem Kopf herauszulassen, einfach so. Irgendwann verblassen die Worte und machen Platz für neue. - Wie Laub an einem lebendigen Baum. 
Mit dem Baum verdiene ich kein Geld (er kostet eher...), die Besucher wissen auch nicht wer ihn dort aufgestellt hat. Das ist gut so. 
Er ist für diejenigen gedacht, die keine Bühne haben. Die etwas sagen oder zeigen möchten, das sonst nicht gesehen wird.
Natürlich kann man dafür heutzutage ein soziales elektronisches Medium benutzen. Aber der kleine Poetree in Siebeneichen ist doch viel charmanter als das Internet! 
P.S. Im Januar  2021 habe ich einen neuen selbstgezogenen kleinen Apfelbaum, der wild im Beet wuchs und keine Früchte trug, eingebaut. Dazu musste ich die mehrere 100 Karten aus dem Coronajahr 2020 von dem alten morschen Bäumchen abnehmen. Die davon meisten habe ich gereinigt für die Wiederverwendung, andere wieder an den Baum gehängt. Ich bin mir sicher - es sind alle Wünsche in Erfüllung gegangen. Der neue Baum wartet nun auf euch und frische Gedichte. 

Seit Sommer 2022 wohne ich in Mölln. Die Betreuung des Poetrees habe ich in die freundlichen Hände eines Siebeneichener Bürgers gelegt.
Wenn es in Siebeneichen mal keine Karten, Stifte oder Bänder zum Aufhängen gibt, dann ruft mich an (0175 977 06 93) - ich gebe die Info weiter an den freundlichen Menschen, der sich um den Baum kümmert. 
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